Blackmore's Night

10. August 2007 -
Burg Burghausen, Waffenplatz



Events mit dem unberechenbaren, stark stimmungsabhängigen Meister mutieren inzwischen für alle Beteiligten immer mehr zu einem Höllenfahrtskommando: „Im Endeffekt fragten wir uns, wer hier eigentlich wen gebucht hat – wir Blackmore oder Blackmore uns?“, brachte vor anderthalb Jahren ein Landshuter Veranstalter in der lokalen Tagespresse seine Erfahrungen im Umgang mit dem Mittelalter-Ensemble des Ex-Deep-Purple/Rainbow-Gitarristen auf den Punkt.

Hier in Burghausen nimmt der Wahnsinn ähnlich vehement seinen Lauf: Der auf 17:30 Uhr festgeschriebene Einlassbeginn – Makulatur. Tatsächlich öffnen sich die Tore zum Waffenplatz erst fünf vor sieben. Die Einlasskontrollen sind rigide: Neben Wasserflaschen muss das größtenteils gesetzte und nach wie vor bewundernswert geduldige Publikum selbst „gefährliche“ Gegenstände wie Regenschirme an einer improvisierten Garderobe hinterlegen – und hat letzten Endes gewaltiges Glück, dass Petrus an diesem Abend seine Schleusen geschlossen hält, denn das Event ist als Mini-Open-Air konzipiert. Und offensichtlich eher als klassisches Konzert: Die Gäste sind - lange bevor sich der kapriziöse Meister aller Saiten auf die Bühne begibt - gehalten, artig Platz zu nehmen auf den nummerierten Stuhlreihen, die den Rasen übersäen.
Sesam öffne dich - mit eineinhalbstündiger Verspätung 


Bild unten: die Background-Band auf dem Weg zu ihrem Arbeitsplatz (auf dem rechten Foto rechts)






Respektive mucksmäuschenstill zu sein. Außerdem herrscht totales Fotografierverbot – wehe, es erdreistet sich jemand, sein Foto-Handy zu zücken! Oder während des Konzertes – vom faszinierenden Mittelalter-Folk mitgerissen – sich von seinem Stuhl zu erheben und so etwas ähnliches wie mit den Klängen mitzugehen, mitzurocken, Pirouetten an seinem Plätzchen zu tänzeln, gar zum Headbanging anzusetzen! Soviel sei schon vorweggenommen: Als die einmal mehr bezaubernde Candice Night dann doch auffordert, aus sich herauszugehen und diesem Aufruf zahlreich Folge geleistet wird, bemüht sich die bedauernswerte Security verzweifelt, nach dieser Einlage wieder Ausgangslage herzustellen: Man(n)/Frau möge unbedingt wieder auf dem Sitze verweilen, den Blick frei geradeaus auf den Meister richten – möglichst die Hände wie in der ersten Klasse zwischen Rücken und Stuhllehne verschränken. Getränke dürfen allerdings am Sitz konsumiert werden – so man sich rechtzeitig vor dem Auftritt des Grand Signore der Klampfenkunst damit versorgte, denn während der gut zweistündigen Performance bleiben sämtliche Schotten des Ausschanks dicht. Insbesondere die in den ersten fünf Reihen sitzenden Gäste – allesamt zünftig kostümiert wie Zeitreisende, die im falschen Jahrhundert gestrandet sind – kennen diese Gepflogenheit offensichtlich sehr gut und haben sich dementsprechend darauf eingestellt (sprich: bevorratet).

Ich hingegen bemühe mich, von den Ordnern in Erfahrung zu bringen, ob Herr Blackmore tatsächlich – wie gerüchterweise zu vernehmen – nunmehr gegen 21 Uhr die Bühne zu betreten gedenkt, ernte aber nur von hysterischen Ausbrüchen begleitete Artikulierungsversuche: „Wir haben jetzt gaaanz andere Probleme …“ „Ich weiß nicht – ich übernehme hier für nichts mehr eine Garantie …“ „So Gott will …“
Dann halte ich es für geraten, sicherheitshalber noch einmal beim Chef-Ordner direkt vor der Bühne nachzufragen, ob – wie mir bei der Aushändigung des Foto-Passes am Einlass nach ausdrücklicher dreimaliger Rückfrage beschieden – die Benutzung des Blitzlichtes tatsächlich erlaubt sei. 
Man kennt das ja: In Hamburg brach Herr Blackmore vor gut zehn Jahren eine Rainbow-Show nach nur 55 Minuten ab – weil er, so einigen Augenzeugenberichten zufolge, in das Gesicht eines gerade von der Spätschicht kommenden, übermüdeten Hafenarbeiters blickte und dort ein Gähnen erspähte (Rechtfertigung des Abbruchs im Nachhinein der Legende nach sinngemäß: „Offensichtlich habe ich das Publikum gelangweilt – also hörte ich auf, es zu langweilen!“ Das könnte durchaus der Wahrheit entsprechen, denn Blackmores Intimfeind Ian Gillan gibt in einem Interview im Rahmen seiner DVD-Dokumentation HIGHWAY STAR – A JOURNEY IN ROCK zum Besten, wie die zum Teil eigenartig-verquere Logik des R.B. funktioniert: „Was? Zum heutigen Deep-Purple-Konzert sind nur halb soviel Leute da wie gestern? Dann brauchen wir auch nur halb solange spielen!“). 





Playlist BLACKMORE’S NIGHT

Cartouche
Play Minstrel Play
Under A Violet Moon
Soldier Of Fortune
Durch den Wald zum Bachhaus
World Of Stone
Mondtanz
Diamonds And Rust
Ariel
All For One
Minstrel Hall
Home Again
Temple Of The King
Where Are We Going From Here
Renaissance Faire
I Still Remember
The Clock Ticks On
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Wind In The Willows
Old Village Lanterne
The Times They Are A Changin
Lili Marleen
First Of May
Midwinter's Night
Dandelion Wine


Ich will mich aber nicht ansatzweise der Gefahr aussetzen, mit meinem Blitzlichtgewitter für etwaige temporäre Erblindungszustände des „Gottes“ und somit dem umgehenden Abbruch der Veranstaltung verantwortlich zu zeichnen – die vielleicht 1.500 erwartungsvollen Konzertbesucher hätten mir dann, passend zum Ambiente und dem musikalischen Thema des Abends gemäß, höchstwahrscheinlich einen persönlichen Scheiterhaufen gewidmet und dessen Zweckbestimmung auch forciert. Und wirklich – wie gut, dass wir noch einmal gefragt haben: „Waaas? Wer hat das gesagt? Um Gottes Willen! Kein Blitzlicht! Keiiin Blitzlicht! Haben mich alle verstanden? Auf gar keinen Fall blitzen! Alles, nur das nicht! Kein Blitzlicht!!!“
Wir drei Fotografen haben verstanden …

Wie es weitergeht an diesem außergewöhnlichen Sommerabend im Jahre des Herrn 2007 auf der Burg zu Burghausen – das erfahrt ihr in der nächsten Ausgabe des ROCK IT!-Magazins (ab 17. Oktober am Zeitungskiosk eures Vertrauens).